Geistliches Wort
Ostersonntag PDF


Liebe Gemeinde,
letztes Jahr saß ich am Ostermorgen untätig zuhause. Es war eine vollkommen unwirkliche Situation, nach 29 Dienstjahren mit Karwoche und Osterdienst. So vieles fehlte, was zu Ostern gehört. Vor allem das erste Entzünden der Osterkerze im Familiengottesdienst. Zumal wir ja das Glück haben, alle Jahre von einer künstlerisch sehr begabten jungen Frau unserer Gemeinde eine prächtige Osterkerze gestaltet zu bekommen. 2020 musste die Osterkerze von 2019 tapfer ein weiteres Jahr weiterbrennen. Aber nun – am Ostermorgen 2021 – wird wieder eine neue Kerze entzündet. Und ich bin unserer Künstlerin sehr dankbar, dass sie in der Gestaltung motivisch die Jahreslosung aufgenommen hat.
Jesus Christus spricht:
Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!
Lk. 6,36
Ein besseres Wort für diese Osterzeit wüsste ich nicht. Denn die aktuelle Situation verlangt ja viel von uns: Wir müssen uns weiterhin einschränken, auf Gewohntes verzichten. Viele Menschen leiden unter existentiellen Sorgen oder haben sogar einen lieben Menschen verloren. Und das Gemüt ist bei alt und jung nach über einem Jahr Corona belastet und angegriffen. Umso mehr braucht es Barmherzigkeit im Umgang miteinander, im Urteil übereinander. Wir als Christenmenschen können dabei eine gute Kraft in der Gesellschaft sein. Wir können uns Mut und Zuversicht beim Osterlicht holen, denn es brennt nun bald schon 2000 Jahre, durch Zeiten die mitunter noch weit schlimmer waren als die unsere. Wäre da nicht wirklich Kraft und Stärke im Glauben an den Auferstandenen zu finden, das Licht wäre längst erloschen. Aber es leuchtet und schenkt uns Hoffnung nicht nur für diese Welt sondern weit über sie hinaus.
Ein gesegnetes – in und trotz aller Sorgen – auch frohes Osterfest wünscht Ihnen von Herzen
Ihr Pfarrer Andreas G. Ratz!
Karfreitag PDF
Liebe Gemeinde,

Wenn ein Mensch stirbt, lässt er meistens etwas zurück. Kleine oder auch große Erbstücke. Manchmal sind es große Geldsummen, Häuser oder Schmuck. Und manchmal sind es ganz kleine, materiell eher wertlose Dinge. Aber es sind Dinge, die uns an die Person erinnern, die von uns gegangen ist. Das kann beispielsweise eine alte Fotokamera sein. Sie läuft gar nicht mehr so richtig, das Entwickeln der Filme ist kompliziert und eigentlich nimmt sie nur Platz weg. Und trotzdem – sie einfach wegzuwerfen kommt nicht in Frage. Denn jedes Mal, wenn man sie anblickt, erinnert man sich daran, wie die verstorbene Person sie in der Hand hatte. Hört dessen Stimme im Kopf, wie sie einem zuruft: „Jetzt bitte alle mal lächeln!“ Erbstücke sind uns vor allem dann lieb und teuer, wenn sie es schaffen uns ein seliges Lächeln des Erinnerns auf das Gesicht zu zaubern.
An Karfreitag erinnern wir uns an den Tod Jesu Christi. Nach einem Leben, das gefüllt war mit Erlebnissen und Erinnerungen, stirbt der Gottessohn am Kreuz. Er stirbt und hinterlässt uns ein großes Erbe. Ein Erbe, das nicht in materiellem Wert zu fassen ist. Ein Erbe, dass zwischen Erinnerung an die Taten Jesu in der Vergangenheit und Erwartungen an die Zukunft aufgrund dieser Taten schwankt. Was ist mir an diesem Erbe das liebste und teuerste? Welcher Gegenstand erinnert mich an Jesus Christus? Ist es das Kreuz, als Erinnerung an seinen Tod? Sind es die Überlieferung seiner Worte? Ist es das gemeinsame Mahl, währenddessen wir uns an ihn, sein Leben und sein Tod erinnern? Der Karfreitag als Tag, an dem Jesu Tod im Mittelpunkt steht, lädt uns dazu ein, uns zu fragen, was uns dieser Tod bedeutet und hinterlässt.
Einen gesegneten Karfreitag wünscht Ihnen
Vikarin Barbara Krauße
Gründonnerstag PDF
Liebe Gemeinde,
heute ist Gründonnerstag! Das Wort ist im Deutschen etwas irreführend. Grün verweist dabei nicht auf die Farbe, sondern stammt vom althochdeutschen Wort grunen ab, was so viel wie weinen heißt. Der Gründonnerstag bereitet uns also auf das Traurige, den Karfreitag, an dem Jesus für uns starb, vor. Am heutigen Tag gedenken wir an das letzte Abendmahl, das Jesus Christus mit seinen Jüngern und wohl auch Jüngerinnen, feierte. Zur Zeit Jesu war es nicht außergewöhnlich, gemeinsam um die Zeit des höchsten Jüdischen Feiertages des Pessach zusammenzusitzen und zu essen. Das Pessachmahl gehört zum Pessachfest. Dieses feierte auch Jesus mit seinen Jüngern. Das Außergewöhnliche an diesem Mahl Jesu ist die Symbolik der Worte, in die es uns führt. Im Matthäusevangelium im 26. Kapitel, Verse 26-28 heißt es:
„Als sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib. Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus, das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele…“
Über diese sogenannten Einsetzungsworte gibt es sehr unterschiedliche Auslegungsweisen. Für mich stehen sie für die tiefe Liebe Jesu bzw. Gottes. Jesus, der sich uns in allem gibt, mit seinem ganzen Sein. Er verschenkt sich an die Jünger und auch an uns. Er gibt sich uns ganz. Und nimmt uns auch in unserer Ganzheit an. Mit Ganzheit meine ich hier alles; all das Schöne, aber auch das, was wir nicht an uns mögen. Im Fall der Jünger war es u.a. der Verrat des Judas oder auch die Verleugnung des Petrus. All das wusste Jesus, als er das Mahl den Jüngern gab. Er gab sich ihnen trotzdem und in dieser Gewissheit konnten die Jünger und auch wir in die kommende Zeit gehen. Jesus, ist ein Gott, der sich verschenkt, der sich uns ganz gibt und dem wir uns ganz geben können.
Dies ist ein Bild vom Abendmahl, das Sieger Köder gemalt hat. Wenn Sie möchten können Sie dieses Bild näher betrachten. Hier sind einige Impulse, die Ihnen bei der Betrachtung helfen können.
- Schauen Sie sich das Bild genau an. Was sehen Sie? Welche Gesichtsausdrücke erkennen Sie?
- Wo entdecken Sie Jesus in diesem Bild? Was sehen Sie von ihm?
- Gibt es einen Jünger oder eine Sitzposition, die Ihnen gerade auf diesem Bild besonders nahe ist? Wenn Sie möchten, können Sie diese innerlich einnehmen.
Haben Sie einen gesegneten und guten Gründonnerstag.
Ihre Carolin Rebecca Reisse
Geistliches Wort zum Sonntag - Rogate (17.05.2020)
Der heutige Sonntag „Rogate“ bedeutet übersetzt „Betet!“ und will uns damit einmal im Kirchenjahr deutlichst an dieses kostbare „Werkzeug“ unseres Glaubens erinnern. Wohl wissend, dass wir wohl alle die menschliche Neigung teilen, in guten Zeiten weit weniger zu beten als in Notzeiten. Und: Bei genauer Betrachtung stelle ich – jedenfalls bei mir selber – fest: Die Bitten überwiegen meist das Danken. In meinem Schulunterricht habe ich deshalb zu Beginn der Stunde im freien Gebet meine Schülerinnen und Schüler stets gebeten, zunächst das vor Gott zu bringen, wofür sie momentan dankbar sind und erst dann ihre Bitten und Wünsche. Und das brauchte tatsächlich zunächst einige Übung und vor allem Bedenkzeit. Aber dann begann es allmählich zu sprudeln. So vieles, für das man dankbar sein kann, nimmt man eben leider viel zu selbstverständlich. Für mich waren diese freien Schulgebete in der verordneten Folge „Erst danken - dann bitten“ die gleiche anfängliche Mühe und Lernerfahrung wie für meine Schülerinnen und Schüler. Dabei habe ich auch festgestellt: Es bleibt nicht bei stets gleich bleibenden Dankesgründen wie Gesundheit, Familie und Freunde, Essen und Trinken. Die Kinder entwickelten eine reiche Kreativität, für was es zu danken gilt: „Dass sich die Sonne auch heute um die Erde dreht!“ „Dass ich einen Bibliotheksausweis habe und wieder schöne interessante Bücher ausleihen darf!“ „Dass ich meiner Schwester verzeihen konnte! Und vieles mehr.
Ich wünsche Ihnen zum Sonntag Rogate viele weitere gute und Ihnen vielleicht noch nicht bewusste Gründe zum danken. Ich wünsche Ihnen ebenso den steten Mut, mit wirklich Allem Gott im Gebet zu betrauen: Mit Ihren Zweifeln, mit ihren Fragen, ja selbst mit ihren Vorwürfen! Alles – wirklich alles - hat seinen Platz im Gespräch mit Gott, im Glaubensgeschenk des Gebets.
Ihr Pfarrer Andreas G. Ratz
Predigt Sonntag - Kantate (10.05.2020) PDF
Kanzelgruß
Bitte im Segen.
Amen.
Liebe Gemeinde von Heilig Kreuz,
das ist fürwahr ein besonderer Sonntag! Sie wissen vielleicht, dass ich sehr bewandert mit Kirchengeschichte, speziell mit der von unserer Gemeinde und Kirche. Für die allermeisten Kirchen in Deutschland und Europa war es ja ein schwerer Schock, denn das hatte es bei ihnen noch nie gegeben: Keine Gottesdienste in der Karwoche, keine Konfirmation am Palmsonntag, keine Osterfeier. Trotz schrecklichster Kriege, trotz Faulfieber oder Cholera Epidemien, das Gottesdienstleben wurde durch Jahrhunderte immer aufrecht erhalten, was freilich angesichts der möglichen Ansteckungsgefahr sicher nicht immer eine gute Idee war, aber ein Aussetzen war nicht im Traum zu denken.
Wir hingegen, liebe Heilig Kreuzler, wir sind solches schon gewohnt. Schon zweimal in unserer Geschichte gab es ein Kirchenjahr ohne Ostern, ja sogar ohne Weihnachtsfeier. Die Gedenktafel hinten am Aufgang zur Empore erinnert uns daran:1800 und 1805 als wir ein Kriegsgefangenenlager des Kaiser Napoleons waren, haben wir einen „Shut down“ schon manchmal schmerzlich erlebt, aber: Das Leben danach ging dann doch glücklicherweise weiter. Damals 1805 hat man die Wiederaufnahme der Gottesdienste prächtigst gefeiert, mit festlicher Musik, mit mehreren Gottesdiensten und Andachten am Tage. Heute am 10. Mai sind Trompeten ausdrücklich verboten, die Teilnehmerzahl begrenzt, aber das nimmt doch nichts von der riesigen Freude, dass wir uns heute wieder richtig sehen können und gemeinsam in unserem schönen Gotteshaus beten und singen dürfen.
Kurioserweise gibt es für den heutigen Sonntag des Wieder- oder Neuanfangs in der neuen Predigtreihe ein biblisches Wort, das wirklich zu 100 Prozent zur heutigen Situation in unseren Kirchen passt. Wir hören von einem gottesdienstlich-kirchlichen Neuanfang, der Einweihung des salomonischen Tempels im 10. Jahrhundert vor Christi Geburt in Jerusalem. Der berühmte und weise König Salomo hat dieses Gotteshaus erbauen lassen um die Nationalheiligtümer des Volkes Israel – vor allem die Bundeslade - nicht mehr in einer schnöden Bergfestung seines Vaters David auf dem Berg Zion sondern in einem wirklichen Gotteshaus zu verwahren. Im zweiten Buch der Chronik, Kapitel 5, die Verse 2-5 und 12-14 lesen wir nun das folgende über dieses festliche Neuanfangs - Ereignis:
„Da versammelte Salomo alle Ältesten Israels, alle Häupter der Stämme und die Fürsten der Sippen Israels in Jerusalem, damit sie die Lade des Bundes des HERRN hinaufbrächten aus der Stadt Davids, das ist Zion. Und es versammelten sich beim König alle Männer Israels zum Fest, das im siebenten Monat ist. Und es kamen alle Ältesten Israels, und die Leviten hoben die Lade auf und brachten sie hinauf samt der Stifthütte und allem heiligen Gerät, das in der Stiftshütte war; es brachten sie hinauf die Priester und Leviten. Und alle Leviten, die Sänger waren, nämlich Asaf, Heman und Jedutun und ihre Söhne und Brüder, angetan mit feiner Leinwand, standen östlich vom Altar mit Zimbeln, Psaltern und Harfen und bei ihnen Hundertzwanzig Priester, die mit Trompeten bliesen. Und es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem HERRN. Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den HERRN lobte: „Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig“, da wurde das Haus erfüllt mit einer Wolke, als das Haus des HERRN, sodass die ‚Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus Gottes.“
Liebe Schwestern und Brüder, das wichtigste an diesem Predigtwort steht passender weise genau am Ende, so dass man es nicht überlesen oder vergessen kann. Das wichtigste an dieser Einweihung ist, dass die Herrlichkeit des Herrn, in diesem Hause Gottes – ganz ohne menschliches Zutun - sichtbar und spürbar wurde. Alle besonderen Vorbereitungen, die Pracht des Neubaus, die Gegenwart der allerhöchsten des Volkes, die monumentale musikalische Begleitung, also alles menschliche Tun und Zutun haben nicht in der Hand, dass das passieren konnte. Es ist allein Gottes Güte und Barmherzigkeit, die ja auch im Gebet der Gottesgemeinde gelobt wird. Und dieses Lob wird von Gott – aus freien Stücken - belohnt. Also: Auch wenn wir heute nicht mit der salomonischen Pracht hier wieder neu beginnen können, Gottes Güte und Barmherzigkeit wird uns trotzdem gewährt und geschenkt, sie ist ganz unabhängig von menschlicher Pracht und Gestaltungswillen.
Freilich bei der Festversammlung in Jerusalem gab es dieses beneidenswerte sichtbare Zeichen der Gegenwart Gottes, diese sichtbare Wolke; ein Zeichen, das an die Schutz- und Leitfunktion des Gottes Israels erinnert. Denken sie etwa an die Wolke, die das Volk durch die Wüste ins gelobte Land führte. Eine solche sichtbare Erscheinung Gottes kann ich Ihnen heute hier leider nicht präsentieren. Aber vielleicht denken wir einmal alle kurz auf unser bisheriges Leben zurück, an Situationen, Momente, wo uns Gott tatsächlich auch geführt hat, so wie die Wolke in der Geschichte Israels, Situationen und Momente, wo Gott in seiner Güte und Barmherzigkeit uns den richtigen Weg, Ausweg, den richtigen Einfall, die richtige Begegnung, das ratende oder rettende Gespräch schenkte, das uns dann weiterhalf. Ich meine, es gibt kein Glaubensleben, das so etwas nicht kennt. Denn Glauben kann man ja nicht selber machen, der entsteht aus Erfahrungen mit Gott. Also lassen Sie bitte heute – nicht nur jetzt im Gottesdienst – Ihre Gotteserlebnis Wolken – für sich mit dem inneren Auge sichtbar – aufsteigen. Sie waren ja wirklich da, so wie die Wolke im Tempel von Jerusalem. Und sie zeigen bis heute ja ihre Wirkung, sind dadurch gegenwärtig, so wie das „Gottesgegenwartsgefühl“ damals im Tempel von Jerusalem.
Das zweite beachtenswerte bei der Einweihung ist ein Gottesdienstgemeindephänomen, das in der Chronik so beschrieben wird: …“es war so, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem Herrn.“ Es geht hier also um das Erlebnis der Einmütigkeit der Gemeinde, die ganz offensichtlich im engen Zusammenhang steht, mit dem Erscheinen der Wolke, mit der Wahrnehmung Gottes. Ich lese und höre daraus einen klaren göttlichen Willen, ja geradezu Befehl zur Einmütigkeit. Es ist Gott nicht egal, wie wir zueinander stehen, es ist Gott nicht egal, wenn wir nicht in Frieden beieinander wohnen. Der Wille zu Eintracht und Frieden ist eine Voraussetzung, dass seine Güte und Barmherzigkeit spürbar wird. Das heißt nicht, dass es nicht andere Meinungen geben darf unter uns. Diskussion und engagierte Kontroverse haben ihr gutes Recht und dürfen sein. Wenn daraus aber am Ende die Einmütigkeit im Dienst für Gott – als oberste Leitprämisse - nicht mehr gesehen wird oder gar verloren geht, dann berauben wir uns der Herrlichkeit Gottes, die das Haus Gottes erfüllen kann und es herrscht nur mehr menschliche Armseligkeit. Einmütigkeit ist also nicht nur ein gewinnend-werbendes Zeichen nach außen sondern auch ein Muss im Blick nach innen, im Blick auf Gott.
Die dritte Beobachtung bei der Einweihung des Tempels in Jerusalem deckt sich erstaunlich gut mit dem, was in der Gemeinde schon immer da war, aber in den vergangenen Wochen noch deutlicher und so positiv spürbar wurde. Im Bericht der Tempeleinweihung heißt es, dass sich die ansonsten so strenge Aufteilung des geistlichen Personals in der Feier auflöste, ja dass es am Ende auch gar nicht schlimm ist, dass die Priester nicht ihren Dienst verrichten können. Selten in meinen bald dreißig Dienstjahren habe ich ehrenamtlichen Dienst so leuchten und glänzen sehen, wie in den vergangenen Wochen. Wunderbar, wie Ihr untereinander die Kontakte gehalten habt und Gemeinde trotz allen Hindernissen spürbar machtet. Es war völlig unerheblich, dass Euer Pfarrer seinen Dienst zeitweise nicht verrichten konnte. Das war wunderbar und dafür danke ich ganz persönlich Euch und dem Herrn von ganzem Herzen.
Ich will meine erste Predigt nach dem Shut Down nicht beenden ohne die mir liebe Sonntagsaufgabe für Sie und mich: Aus dem Einweihungsbericht des Tempels haben wir gehört, dass Salomo die wichtigsten religiösen Kult- und Erinnerungsgegenstände in den Tempel brachte und verwahrte. Das gab dem Haus seinen besonderen persönlichen Wert. Darum meine heutige Glaubensdenkaufgabe: Was ist Ihnen ganz besonders wichtig in diesem Haus, das wir nun endlich wieder nutzen dürfen. Was ist Ihnen etwas besonders Heiliges in diesem Raum, etwas, das Ihnen immer wieder Glaubenskraft schenkt, das Sie an ein besonderes Glaubenserlebnis oder eine Begegnung erinnert? Nur ein Beispiel meinerseits: Für mich ist es die Ecke der Osterkerze, wo ich so viele Tauf-, Konfirmations, Traukerzen habe entzünden sehen dürfen, die mich an die bleibende Glaubensverbundenheit mit so vielen lieben Menschen erinnert. Oder das Heilig Kreuz Christkind im Safe, das mich an – schon vor der Bescherung - wunschlos glückliche Weihnachten erinnert. Sie haben bestimmt noch bessere Heiligtümer im Tempel von Heilig Kreuz. Darum machen Sie sich dessen bewusst. Es erhöht die Freude dieses Tages und darauf spreche ich nun gerne Amen. So soll es sein!
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft,
er bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.
Sonntag - Jubilate (03.05.2020)
Liebe Gemeinde,
es sind schon etliche Jahre vergangen, trotzdem erinnere ich mich noch gut an meine Schulzeit. Bereits in der ersten Klasse entstanden Gruppen. Selbst unter den Schulanfängern waren schon welche, die andere Mitschüler um sich scharten. Sei es, weil sie das bessere Pausenbrot oder sie den„Herrn Doktor“ als Vater hatten. In den folgenden Jahren war es ganz bedeutsam, ob man ziemlich schnell in eine Mannschaft gewählt wurde. Die zum Schluss übriggebliebenen standen wie ein Häufchen Elend herum und wünschten sich auch dazuzugehören, drin zu sein. Drin sein, mit im Geschehen zu sein, wurde in den folgenden Jahren immer wichtiger: stimmten die Klamotten und die Frisur? Schwärmte man für die richtige Musik und war man auch cool genug? Seit Covid 19 in unsererGesellschaft drin ist, komme ich noch mehr ins Grübeln wo ich drin sein möchte. Jubilate, so heißt der Sonntag heute. Gott zu jubeln? Ja, auch wenn die Kehle etwas eng wird, wenn ich am liebsten meinenMundschutz wütend in die Ecke werfen würde, zwinge ich mich dazu, das Gute zu sehen. Denn ich werde eingeladen in einer ganz besonderen Gruppe drin zu sein: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden (Wochenspruch: 2. Kor. 5, 17)
Ewiger Gott,ich danke dir für mein Leben.
Für das Schöne, das mich beglückt.
Für das Schwere, das ich gemeistert habe.
Für die Menschen, die an meiner Seite sind.
Für alles Loslassen und Neuentdecken.
Ich schaue auf dich und bitte dich:
Hilf mir, im Alltag Neues zu entdecken und zu wagen.
Lehre mich, loszulassen und das Leben zu leben, das du mir schenkst.
Amen.
Bleiben Sie gesund und hoffentlich sehen wir uns bald wieder.
Herzliche Grüße
Karin Schneller
Sonntag - Misericordias Domini (26.04.2020)
Liebe Gemeindeglieder,
der heutige Sonntag trägt den Namen „Misericordias Domini“, übersetzt: Die Barmherzigkeit des Herrn. Damit man sich aber unter dieser Barmherzigkeit etwas Konkretes vorstellen kann, erhielt er den Beinamen „Hirtensonntag“. An diesem Sonntag hören wir den berühmten Psalm 23 vom Guten Hirten und das Evangelium, wo Jesus spricht:“Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen.“ Johannes 10,14.
Natürlich denkt ein jeder beim Beruf des Hirten an den Schutz, den er seiner Herde bietet. In diesen Tagen wissen wir allerdings, dass uns die Zugehörigkeit zur Herde Jesu Christi nicht vor Krankheit und Ansteckung bewahrt. Wir können genauso krank werden wie jeder Ungläubige. Und deshalb fragt sich vielleicht mancher im Stillen: „Wozu dann der gute Hirte? Warum ist es gut, bei ihm zu sein und zu bleiben?“
Der erste Grund für mich: Er hat sich aus dieser Welt nicht herausgehalten. Er hat alle Gefahren dieser Welt - ja sogar die Sterblichkeit - mit uns geteilt. Er teilt mit uns Schmerz und Kummer. Und in solchen Situationen um Einen zu wissen, der nicht abseits steht, sondern treu begleitet, das mindert Leid; mitunter enorm!
Der zweite Grund: Er kennt einen jeden von uns, mit all seinen Gaben und Stärken, mit all seinen Schwächen und Fehlern. Das ist für mich nicht beängstigend sondern entlastend und ein ganz großes Lebensgeschenkt. Denn aus diesem „ganz gewusst werden“ lässt sich enorme Kraft schöpfen und es eröffnet eine ideale Beziehungsebene zwischen Ihnen und Ihrem guten Hirten; gerade in diesen Tagen. Im Gespräch mit ihm - in Ihrem Gebet - kann deshalb immer das „Du kennst mich!“ voranstehen und daraus folgt: „Du weißt, dass… , Du weißt warum… , Du weißt wie… .“ Wir sind eingeladen, wirklich alles uns Belastende und Unverständliche auszusprechen. Schon das hilft mitunter enorm. Aber noch mehr: So manche unklare, belastende Situation lichtet sich im vertrauten Gespräch mit dem Guten Hirten, weil man sie mit den Augen Jesu sehen lernt. Das haben Christinnen und Christen seit 2000 Jahren immer wieder erfahren dürfen und haben auch in schweren Zeiten, ihrem Guten Hirten vertraut!
Dieses Vertrauen wünscht sich und Ihnen von Herzen
Ihr Pfarrer Andreas G. Ratz!
Osterfest
Liebe Gemeindemitglieder/innen,
„Was wird Ihnen an diesem Osterfest besonders fehlen?“ - solche und ähnliche Fragen begegnen uns in diesen Tagen in Zeitungen, Radio- und Fernsehprogrammen häufig. Die Antworten zeigen die breite Fülle an schönen Momenten und Dingen, die uns dieses Fest alljährlich beschert. Man hört und liest von stimmungsvollen Osternachtfeiern, vom geheimnisvollen Moment des Entzündens der neuen schönen Osterkerze, vom fröhlichen Osterfrühstück in Gemeinde und Familie, vom Osterspaziergang mit Freunden, und, und, und…
Mir persönlich wird vor allem unser Familiengottesdienst in Heilig Kreuz fehlen, dieses miteinander Gottesdienstfeiern von Jung und Alt, diese großartige Gelassenheit in unserer Gemeinde, wo Alte auch kindliche Momente interessiert - oder zumindest achtungsvoll – verfolgen und Junge die anspruchsvolleren Momente ohne Mühe und Gelangweilt sein „ertragen“.
Unvergessen ist mir dabei ein Osterfamiliengottesdienst mit Taufe. Gemeinsam mit dem Taufkind schmückten wir unseren Taufstein zu einem Osterbrunnen auf; mit allem was da so dazugehört: Eine Krone aus immergrünen Tannenzweigen, bunte Ostereier, bunte Bänder als Siegesfahnen für Jesu Sieg über den Tod an Ostern und Ostergrüße in verschiedenen Sprachen. Nach getanem Werk wurde unser Täufling dann am Osterbrunnen mit dem „Wasser des Lebens“ getauft. Dieses Wasser verspricht Leben in Ewigkeit. Aber auch schon hier im Erdenleben hat es eine besondere Lebensqualität: Es schenkt uns eine „Zweitfamilie“, die Gemeinschaft der Brüder und Schwestern in Christus. Diese Gemeinschaft ist freilich ein hohes Ideal. Umso dankbarer bin ich, dass ich schon einmal ganz spontan von einem treuen Gemeindeglied über uns sagen hörte: „Eigentlich sind wir doch wie eine Familie!“ Und dass daran wirklich etwas ist, das zeigen mir aktuell die Freiwilligen die derzeit in der Gemeinde – im besten Sinne geschwisterlich - telefonisch Kontakte halten und neu aufbauen.
Dass wir nun in diesem Jahr – zum ersten Mal in unserem Leben – nicht sichtbar gemeinsam Ostern feiern werden, ändert nichts an unserer familiären Verbundenheit in Christus. Wenn wir uns ihm im Gebet nähern, sind wir auch nah bei unseren Schwestern und Brüdern. Vielleicht gab es nie eine bessere und intensivere Zeit füreinander zu beten, als an diesem Osterfest 2020. Andere für sich am Beten zu wissen, das schafft Trost und Ermutigung für unsere derzeit Kranken, Einsamen und Traurigen. Für andere zu beten schafft Gemeinschaftsgefühl, mächtigen Sinn und Erfüllung in unserem Leben.
Dass wir genau das alle geschwisterlich in diesen Osterfeiertagen erfahren dürfen, das wünscht von Herzen
Ihr Pfarrer Andreas G. Ratz
Karfreitag
Liebe Gemeindemitglieder,
An diesem Tag steht alles still. Es gilt Tanzverbot und alle Geschäfte sind geschlossen. Das klingt in diesen Zeiten wie ein schlechter Witz, da die Welt doch schon seit Wochen gefühlt still zu stehen scheint… Trotzdem sticht dieser Tag aus den anderen der Passionszeit besonders heraus. Er ist einer der höchsten Feiertage des Christentums und angefüllt mit Traditionen. Viele Familien treffen sich normalerweise zum Fischessen, vielleicht wird auch ein Gottesdienst besucht und/oder ein Passionskonzert. Die ein oder anderen atmen erleichtert auf, denn das Fasten neigt sich dem Ende zu und eine Zeit der Freude wird eingeläutet. Doch wie kann ich an Freude denken, wenn ich schon seit Tagen nur zuhause sitze? Dieser Tag der Trauer und Traurigkeit drückt doch nur umso mehr auf unsere Schultern. Draußen sind doch schon länger keine Aktivitäten mit Freunden möglich und vielleicht hat man Oma und Opa auch schon lange nicht mehr gesehen, um ihre Gesundheit zu schützen. Es fühlt sich so an, als fände der Karfreitag schon fast die ganze Passionszeit über statt.
Vor einigen Tagen lief ich während eines Spaziergangs an einem Wegkreuz vorbei, an dem der leidende Christus hing. Unten am Kreuz hatte jemand einen Blumentopf mit frischen Zweigen aufgestellt, geschmückt mit bunten Ostereiern. Darüber waren Weidenkätzchen und Blumen ans Kreuz gebunden. Mittendrin stand eine betende Marienfigur. Wenn wir heute als Christen auf das Kreuz blicken, dann sehen wir beides: Den Christus, der verzweifelt schreit: „Mein Gott, mein Gott warum hast du mich verlassen?“ und die Österliche Freude. Wir blicken am Karfreitag mit unserem Leid im Herzen auf das Leid von Jesus am Kreuz und wir dürfen uns verstanden fühlen. Niemals dürfen wir Christen vergessen, was uns auch der Wochenspruch zu verstehen gibt: "Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben." (Joh 3,16) Vergiss nicht, nicht du allein trägst die Last der Welt auf den Schultern. Vergiss nicht, dankbar zu sein für die wertvollen Geschenke deines Lebens, sie alle sind vergänglich. Vergiss nicht zu beten, denn im Gebet sind wir alle miteinander verbunden, im Gebet wirkt der Geist Gottes und er macht uns stark. In diesem Sinne möchte ich heute für Sie beten, für ihre Gesundheit und für Durchhaltevermögen bis wir uns hoffentlich bald wiedersehen.
Ihre Gemeindepraktikantin Sandra Wenger
Gründonnerstag
Liebe Gemeindemitglieder,
zum ersten Mal erlebe ich die Passions- und Osterzeit nicht in der Kirche. Ich spüre, wie mir das fehlt. Diese Gemeinschaft mit anderen Gleichgesinnten im Gottesdienst ist etwas Wunderbares, das gemeinsame Singen, Beten, das gemeinsame Hören auf Gottes Wort, den Segen gemeinsam empfangen, beim Abendmahl gemeinsam in der Runde stehen... Ich muss verzichten auf die lieb gewordenen Traditionen, auf die vertrauten Gefühle, die dabei entstehen. Das Bedauern ist groß.
Und doch ist gerade der Gründonnerstag ein Tag, der uns daran erinnert: Es kann etwas ganz Neues entstehen, wenn lieb gewordene Traditionen gebrochen werden, wenn wir aus dem Gewohnten herausgerissen werden. Wie groß muss die Überraschung der Jünger gewesen sein, als Jesus vom gewohnten und geliebten Ablauf des Passahmahls abwich – welche Bedeutung das später für sie und alle anderen Nachfolger Jesu bekommen sollte, war da noch nicht absehbar. Und Jesus bricht noch mit einer anderen Tradition: Nicht der Diener, sondern er, der Meister, wäscht den Jüngern die Füße – das löst Befremden aus: Er bückt sich, macht sich klein, dient ihnen? Eine ganz neue Erfahrung von Gemeinschaft, die danach fragt, was dem anderen gut tut und es dann auch tut, macht sich hier auf.
Nichts läuft gerade so, wie wir es gewohnt sind. Aber ich erlebe auch: Es tun sich neue, ganz andere Dinge auf. Es wird so viel telefoniert wie schon viele Jahre nicht mehr – und auch Gemeindemitglieder rufen sich gegenseitig an und fragen nach, wie es geht und wie man helfen kann. Ich spüre: Es gibt eine Gemeinschaft zwischen uns, die über die Begegnung im Gottesdienst und die liebgewonnenen Traditionen hinausgeht. Ich glaube, Jesus würde das gefallen.
So ist dieser Gründonnerstag zwar ganz anders als alle, die ich vorher erlebt habe. Aber ich spüre auch eine Aufbruchstimmung, die mich nach vorne schauen lässt. Oder wie wir mit einem religiösen Begriff sagen können: Hoffnung. Ich wünsche Ihnen und uns allen, dass uns diese Aufbruchstimmung, die Hoffnung, über diese Tage hinaustragen wird.
Karin Brückner
Sonntag - Palmarum
Liebe Gemeindeglieder,
ich wüsste nicht, wann es das schon einmal in der Geschichte von Heilig Kreuz gegeben hat: Ein Sonntag Palmarum ohne Konfirmation! Alle Jahre wurden an diesem Sonntag, der die Karwoche eröffnet, unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden als Mitglieder der Gemeinde Jesu Christi - mit allen Rechten und Pflichten - eingesegnet. In diesem Jahr müssen sich die 12 jungen Menschen aber nun leider noch etwas gedulden. Dabei bin ich erleichtert, dass wir aktuell mit einem hoch engagierten Kurs gesegnet sind. Sie werden die nötige Ausdauer bis zu einem gesicherten Konfirmationstermin bestimmt aufbringen. Trotzdem empfehle ich sie uns allen gerade an diesem Sonntag ins Fürbittgebet:
Barmherziger Gott und Vater, schenke unseren Konfirmandinnen und Konfirmanden neuen Mut und Zuversicht. Lass sie erfahren, dass Deine Nähe und Dein Trost gerade auch im Warten besonders stark zu spüren ist. Nimm von ihnen, ihren Eltern, Verwandten und Freunden alle Enttäuschung über das verschobene Fest und hilf uns und ihnen zu neuer Vorfreude und Erwartung. Amen.
Zur Konfirmation am Palmsonntag gehört neben dem Konfirmationssegen auch die Feier des Heiligen Abendmahles; in früheren Zeiten für die Konfirmandinnen und Konfirmanden ja zum ersten Mal. Nun werden wir wohl alle für einige Zeit auf diese Feier verzichten müssen, aber mir hilft ein vertrauter Gegenstand auf dem Altar von Heilig Kreuz, darüber nicht traurig zu sein: Unser Hostiengefäß in der Darstellung als Bundeslade, getragen von Engeln. Dieses Hostiengefäß sagt uns allen: Das Heil Gottes ist nicht an den einen Ort Kirche gebunden, es wird zu uns getragen durch den Bund, den Gott mit dem Volk Israel und der Gemeinde Jesu Christi geschlossen hat. Es kommt zu uns – nach Hause - mit allen guten Mächten und Engeln und vor allem in Christus. Auch ohne Brot und Wein ist er dennoch „ganz“ da!
Am Palmsonntag gedenken wir schließlich nicht minder des Einzugs Jesu in Jerusalem. Wir werden erinnert, dass er ja auch in unser Leben mit der Taufe eingezogen ist. Und damals – meist gleich am Anfang unseres Lebens - hat er schon alles geschenkt, was wir zu unserem Heil letztendlich brauchen: Seine unverbrüchliche Liebe, die Vergebung der Sünden und die Hoffnung auf ein ewiges Leben bei ihm. Dazu bekennen sich bei der Konfirmation – meist 13 Jahre nach ihrer Taufe – alle Konfirmandinnen und Konfirmanden Jahr für Jahr mit einem lauten „Ja, mit Gottes Hilfe!“ Bestimmt ist es deshalb an diesem denkwürdigen Palmsonntag 2020 ein guter Gedanke, dass wir dies heute alle ganz bewusst tun; ein jeder an seinem eigenen Ort. Denn aus dem Bekenntnis und Glauben zu unserem menschenfreundlichen Gott erwächst dann auch ganz natürlich die Bitte um Segen,Trost und Kraft für alle, die in diesen schweren Tagen für das Wohl der Menschen weltweit sorgen und kämpfen. Sie und alle Erkrankten brauchen derzeit genau das, was das Wort „Konfirmation“ bedeutet: Bestärkung!
In der Bitte um diese Bestärkung weiß sich mit Ihnen verbunden
Ihr Pfarrer Andreas G. Ratz
5. Sonntag der Passionszeit - Judika
Liebe Gemeindeglieder,
wenn wir derzeit aus dem Fenster blicken raus auf die Straße oder den Garten, dann fällt gleich auf wie ruhig es draußen ist. Der Verkehr ist weniger geworden, die Läden haben zu und morgens warten keine Schulkinder auf den Bus. Stattdessen zwitschern die Vögel unablässig und die Märzsonne strahlt hell und warm. Ich habe gehört, dass der Canale Grande in Venedig wieder bevölkert wird mit Fischen und Schwänen und in China hängt nun kein Smog mehr über den großen Städten. Mit der aktuellen Krise wird nicht nur die Macht der Natur entfaltet, welche uns in die Schranken weist, sie präsentiert uns auch ihre Schönheit.
Natürlich drückt uns alle eine Last in diesen Tagen. So manch einer muss viel mehr arbeiten als sonst und findet noch weniger Zeit für sich selbst. Vielleicht plagt uns die Angst um ältere und kranke Familienmitglieder, die in diesen Zeiten besonders gefährdet sind oder die Isolation und Abschottung von der Welt stürzt uns in niederschlagende Einsamkeit.
Es bleibt eine Zeit, in der wir uns in uns kehren und uns fokussieren auf die Grundlagen unseres Lebens: Gesundheit, Zusammenhalt, die Familie, unsere Freunde, Gott. Der Wert dieser Dinge offenbart sich uns heute größer als jeglicher Besitz, den wir im Laufe der Jahre angehäuft haben.
Im Predigttext des heutigen Sonntages Judika steht: „...wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die Zukünftige suchen wir.“
Es sind so viele Geschenke, die Gott uns im Leben gemacht hat und wir haben völlig vergessen sie im Alltag wahrzunehmen. Die Krise offenbart uns Freiheiten, die wir nicht genutzt haben, sie offenbart uns die Schönheit der Welt und zugleich wie zerbrechlich das Leben ist und für wie selbstverständlich wir unseren Besitz und unsere Geschenke halten, bis sie uns genommen werden. Vielleicht ist gerade jetzt die Zeit, in der wir all den Menschen, die unser Leben tragen und das System aufrecht erhalten im Besonderen unsere Liebe und unseren Respekt zu zeigen.
Ich hoffe Sie finden in dieser Zeit Halt im Glauben und lassen sich nicht von der Angst bestimmen, sondern von dem kleinen Glück der Ruhe und der Schönheit der Natur.
So wünsche ich Ihnen Durchhaltevermögen und Gottes guten Segen,
Ihre Gemeindepraktikantin
Sandra Wenger
4. Sonntag der Passionszeit - Lätare
Liebe Gemeindeglieder,
der heutige Sonntag trägt den lateinischen Namen „Lätare“ – „Freuet Euch!“ und wurde früher auch „Klein Ostern“ genannt. Er sollte eine kleine Vergewisserung geben, dass am Ende der ernst-dunklen Passionszeit uns das helle Osterfest erwartet.
Zum Freuen aber haben wir ja momentan und auf den ersten Schein nur wenig Grund. Zu Ernst erscheint die gegenwärtige Lage und die existentiellen Sorgen von so vielen bedrücken mich schwer. Und doch gibt es gerade jetzt dennoch auch Grund zu Freude und Dankbarkeit: Ich denke an den bewundernswerten Einsatz von Ärzten und Pflegekräften, die ambulanten Dienste, die vielen freiwilligen Helfer, die sich derzeit zum Dienst am Nachbarn und darüber hinausmelden. Ich denke an die Verkäuferinnen und Verkäufer in den Lebensmittelgeschäften und Apotheken. Ich denke an alle, die unsere Infrastruktur am Laufen halten, und, sicher fallen Ihnen noch mehr Heldinnen und Helden dieser Tage ein. Wenn ich an all das denke, dann wird dieser Sonntag doch zu einem Klein-Ostern, denn: So viel Gutes entsteht gegenwärtig und ist wirklich am Auferstehen!
Im Predigtwort für den heutigen Sonntag gibt es einen Vers, der meine Freude zusätzlich noch ganz wesentlich verstärkt. Im Buch des Propheten Jesaja, Kapitel 66 Vers 13, spricht Gott über das zukünftige Heil, das uns einmal bei ihm erwartet mit einem wunderbaren Vergleich. Er verspricht: „Ich will Euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ Das ist ein herrliches Gottesbild, so ganz anders als die vielen anderen, die vor allem seine Macht und Stärke betonen. Aber genau einen solchen tröstenden, mütterlichen Gott brauchen wir gegenwärtig. Und er ist nicht erst am Ende aller Zeit sondern schon lange, lange Zeit von betenden Menschen genau so erlebt worden.
Dass wir alle im Gebet um uns und füreinander diesen tröstenden, mütterlichen Gott erfahren dürfen, das wünscht mit den besten Segensgrüßen
Ihr Pfarrer Andreas G. Ratz!